Zwölf Monate später ist es gelungen, wichtige Projekte zur Erreichung dieses Zieles anzuschieben und in einzelnen Handlungsfeldern wichtige Fortschritte zu machen. In der ersten Jahresbilanz zum Masterplan wird aber auch deutlich, in welchen Bereichen noch große Herausforderungen liegen. Dieses Zwischenfazit zogen am Dienstag, 7. Juni 2022, der Technische Beigeordnete Mattias Abel, der neue Klimaschutzbeauftragte Tim Scharschuch und sein in den Ruhestand wechselnder Vorgänger Uwe Dwornik gemeinsam mit André Dreißen, Geschäftsführer der Stadtwerke Soest, Tobias Trompeter als Abteilungsleiter Immobilienmanagement, Verkehrsplaner Axel Beyer und Reiner Tippkötter von der Agentur energielenker projects, die die Stadt Soest bei der Umsetzung des Masterplans begleitet.
„Der Zuwachs bei der Elektrifizierung, vor allem bei Wärmepumpen in der Stadt, stimmt zuversichtlich“, erklärt Matthias Abel. „Hier liegen wir über Plan.“ Beim Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion im Stadtgebiet liege Soest zwar unter dem Soll, doch die Verwaltung und der Rat arbeiten zurzeit an den passenden Rahmenbedingungen, damit Unternehmen und Privathaushalte hier erheblich stärker investieren können. Schwierig hingegen bleibt das Feld der Sanierung von Bestandsgebäuden – hier wirken sich laut Abel vor allem der allgemeine Fachkräftemangel und Kostensteigerungen bremsend aus.
„Unter dem Strich sind wir mit der ersten Jahresbilanz sehr zufrieden“, betonen die Leiter der Geschäftsstelle Klimaschutz, Tim Scharschuch und Uwe Dwornik. „Es war klar, dass wir nicht im allerersten Jahr sofort einen gewaltigen Satz in Richtung Klimaneutralität machen können. Denn wir müssen auf sehr vielen unterschiedlichen Feldern arbeiten und teilweise erst einmal Grundlagen schaffen. Aber der Start des Masterplans hat einen großen Effekt für die Bedeutung des Themas bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie in Politik und Verwaltung bewirkt. Mit diesem Schwung kommen wir in vielen kleinen Schritten gut voran.“
Photovoltaik
Die installierte Leistung an PV-Dachanlagen im Stadtgebiet ist bis zum 31. Dezember 2021 auf 21,8 MWp gestiegen. Das sind 15 Prozent des Zielwerts von 150 MWp. Der Zubau muss sich beschleunigen, um diese Ziel zu erreichen. Dazu werden in Neubaugebieten von Soest PV-Anlagen zum Standard. PV-Freiflächenanlagen existieren auf dem Stadtgebiet noch nicht, doch die erforderlichen Flächen und das Baurecht befinden sich in der Vorbereitung. Auch hier liegt der Zielwert bei 150 MWp. Die PV-Leistung auf städtischen Gebäuden wird Stück für Stück ausgebaut.
Windkraft
Zielwert ist eine Produktionskapazität von 30 MWp im Jahr 2030. An diversen Standorten im Stadtgebiet sind zusätzliche Windenergieanlagen in Planung oder es wird das Repowering bestehender Anlagen angestrebt.
Wärmesektor
Die Elektrifizierung und Energieeinsparung im Heizbereich sind entscheidende Hebel für die Erreichung der Klimaneutralität. Die Hälfte des Wärmebedarfs des Jahres 2018 in Soest soll bis 2030 reduziert und elektrifiziert werden. Dazu müssen Privatgebäude auf Wärmepumpentechnik umgestellt oder über ein Wärmenetz versorgt werden. Der Zubau an Wärmepumpen in Privathäusern ist deutlich angestiegen, allerdings vorwiegend bei Neubauten. Dieser Trend muss sich fortsetzen. Ideal wäre ein Zubau von 700 Wärmepumpen pro Jahr. Die Stadt Soest unterstützt die energetische Sanierung von Altbauten gezielt in mehreren Stadtteilen und hat dazu unter anderem drei zusätzliche Stellen für Sanierungsmanager geschaffen, welche die Haushalte auch hinsichtlich finanzieller Förderinstrumente beraten. Auch hier sieht sich die Stadt als Vorreiter und will zeigen, was möglich ist: Bis 2030 sollen alle städtischen Liegenschaften soweit saniert sein, dass auf einen erneuerbaren Energieträger gewechselt werden kann. Im Baugebiet Neuer Soester Norden tragen die Stadtwerke Soest mit der Errichtung eines der größten KalteNahwärme-Netze Deutschlands zu klimaschonender Wärmeversorgung bei.
Verkehrssektor
Die Klimaneutralität erfordert im Verkehrssektor die Verbrauchsreduzierung und den Tausch von Verbrennerfahrzeugen durch E-Fahrzeuge. Zielwert ist, dass 90 Prozent aller Strecken im Pkw-Bereich rein elektrisch zurückgelegt werden. Da sich der Verbrauch und die gefahrenen Kilometer im Stadtgebiet statistisch nicht erfassen lassen, lässt sich der Fortschritt in diesem Sektor überwiegend über die Zulassungszahlen von E-Autos messen. „Das derzeitige Wachstum übersteigt die Prognose“, erklärt Reiner Tippkötter von energielenker projects – dies ist insbesondere ein Effekt der staatlichen Kaufprämien. Die Stadt Soest unterstützt den Umstieg der Bürgerinnen und Bürger von Verbrennerfahrzeugen auf das Fahrrad, EAutos oder ÖPNV – durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur, durch den Ausbau der Radwegenetzes und durch Förderprogramme beispielsweise zur Anschaffung von ELastenrädern.
Der Ausblick der Soester Akteure fällt angesichts dieser ersten Jahresbilanz noch vorsichtig aus. Die Treibhausgasemissionen von Soest sind im Stromsektor gesunken, im Wärmesektor hingegen gestiegen. Insofern muss sich der Ausbau der klimaschonenden Energieversorgung insbesondere im Wärmesektor und hier vor allem bei den Bestandsgebäuden noch deutlich verstärken. Die politischen Ambitionen in EU, Bund und NRW steigen aber, auch infolge des Ukraine-Kriegs. Dieser Trend stützt die Soester Aktivitäten in fast allen Bereichen.